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Häufige Fragen zum BFSG und zur BFSGV

Ausführliche Hinweise

Wieso gibt es BFSG und BFSGV?

Mit der EU-Webrichtlinie (Richtlinie 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen) und der BITV (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) werden öffentliche Stellen zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet. In Deutschland ist diese Verpflichtung bereits seit 2002 im BGG (Bundesgleichstellungsgesetz) verankert.

In der Europäischen Union mündeten Forderungen auch die Privatwirtschaft zu Barrierefreiheit zu verpflichten in den EAA (European Accessibility Act: EU-Richtlinie 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen).
Diese Europäische Barrierefreiheits-Verordnung wurde in Deutschland mit dem BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) vom 16. Juli 2021 umgesetzt, die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ergeben sich aus der BFSGV (Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) vom 15. Juni 2022.

Im BFSG ist festgelegt, was bzw. welche Maßnahmen Wirtschaftsakteure und Marktüberwachungsbehörden umsetzen müssen. Die BFSGV beschreibt dagegen eher wie dies in welchen Produkten und Dienstleistungen und auf welche Art und Weise zu erfolgen hat.

Welche Produkte und Dienstleistungen sind vom BFSG und BFSGV betroffen?

Zusammenfassung aus: Hubert, Michael ; Wallbruch, Rainer (2024): Potenziale nutzen – Möglichkeiten der Computerbedienung in der Umsetzung des EAA:

Folgende Produkte und Dienstleistungen der Privatwirtschaft müssen ab 28. Juni 2025 barrierefrei sein

  • Hardware-Systeme (Computer, Notebooks, Smartphones etc.) einschließlich der entsprechenden Betriebssysteme
  • E-Books (einschließlich Software und Lesegeräten)
  • Zahlungsterminals an nicht virtuellen Verkaufsstellen (Kartenlesegerät im Geschäft, Fahrkartenautomat, Parkschein-Automat etc.)
  • Fernsehgeräte für digitale Fernsehdienste
  • Der gesamte Online-Handel für Verbraucherinnen und Verbraucher
  • Bankdienstleistungen einschließlich Geld/Bankautomaten
  • Telefondienste und dazugehörige Dienste (elektronische Kommunikation), einschließlich der Produkte, die hierbei benutzt werden (Telefone, Router, Modems)
  • Zugang zu audiovisuellen Medien (d.h. Angebote der Fernsehanstalten zzgl. Video-on-demand-Angebote); die audiovisuellen Mediendienste selbst sind nicht erfasst, da deren Barrierefreiheit in einer eigenen Richtlinie geregelt ist.
  • Bestimmte Dienstleistungen in den Bereichen des Personenverkehrs (Bahn, Bus, Schiff, Flugzeug)

Dabei gelten allerdings einige Übergangsvorschriften:

  • Vor dem 28. Juni 2025 geschlossene Verträge über Dienstleistungen dürfen bis 27. Juni 2030 weiterhin unverändert angeboten werden. Produkte, die für diese Dienstleistungen vor dem 28. Juni 2025 eingesetzt wurden, dürfen weiterhin bis 27. Juni 2030 unverändert eingesetzt werden.
  • Selbstbedienungsterminals, die vor dem vor dem 28. Juni 2025 eingesetzt werden, dürfen bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer weiter eingesetzt werden, aber nicht länger als fünfzehn Jahre nach ihrer Ingebrauchnahme. Diese müssen also spätestens am 28. Juni 2040 barrierefrei sein.
Muss jedes Unternehmen seine Webseite jetzt nach BFSG barrierefrei gestalten?

Sofern Sie auf Ihrer Webseite Produkte oder Dienstleistungen anbieten, muss laut BFSG der für diesen elektronischen Geschäftsverkehr relevante Teil barrierefrei sein. Damit ein Teil einer Webseite barrierefrei ist, muss dieser zumindest barrierefrei erreichbar sein. Es ist daher empfehlenswert den gesamten Webauftritt nach jeweils aktueller WCAG bzw. EN 301 549 barrierefrei zu gestalten. Um konform zur WCAG 2.2 zu sein, müssen zumindest alle Unterschritte eines Prozesses barrierefrei sein.

Auch wenn Sie keinen Shop mit Produkten, aber eine online buchbare verbindliche Terminvereinbarung anbieten, muss diese Terminvereinbarung als Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr im Hinblick auf den Abschluss eines Verbrauchervertrages barrierefrei verfügbar sein.
Als Dienstleistung gilt dabei nach EU-Richtlinie 2006/123, Artikel 4 jede „erfasste selbstständige Tätigkeit, die in der Regel gegen Entgelt erbracht wird“, wobei die EU-Richtlinie 2006/123 u. a. nicht für Gesundheitsdienstleitungen und soziale Dienstleistungen gilt (EU-Richtlinie 2006/123, Art. 2).

Wenn Sie weder Produkte noch eine Dienstleistung über Ihre Webseite anbieten, und Ihre Webseite ein reines Informationsangebot zu Ihrem Unternehmen, Ihrer Firma oder Praxis darstellt, müssen Sie diese Webseite nicht zwingend barrierefrei gestalten.
Sie sollten in diesem Falle aber dennoch erwägen Ihre Webseite möglichst barrierefrei für Alle zu gestalten.

Wenn Sie Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die nach BFSG barrierefrei zu gestalten sind, sollen Barrierefreiheitsanforderungen aber nur dann gelten, sofern diese nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung führen würden (vgl.: BFSG, Abschnitt 4: Grundlegende Veränderungen von Produkten oder Dienstleistungen und unverhältnismäßige Belastungen für die Wirtschaftsakteure,  §§ 16 und 17).
Sofern Ihr Unternehmen zu „Kleinstunternehmen“ zählt (weniger als zehn Beschäftigte und Jahresumsatz bzw. Jahresbilanzsumme höchstens 2 Millionen Euro) sind Ihre Dienstleistungen ausgenommen (vgl.: BFSG § 3 Barrierefreiheit, Verordnungsermächtigung, Abs. 3).

Welche technischen Anforderungen ergeben sich aus dem BFSG?

Es gelten zukünftig die Anforderungen der jeweils aktuellen harmonisierten DIN EN 301 549. In dieser Norm sind funktionelle Leistungsbeschreibungen und allgemeinen Anforderungen zur Barrierefreiheit beschrieben. Die enthaltenen Anforderungen gehen teilweise auf andere Richtlinien zurück. So sind die international anerkannten Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG - Web Content Accessibility Guidelines) in der EN 301 549 enthalten.

Das BFSG verweist auf den EAA (European Accessibility Act: EU-Richtlinie 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) sowie auf Normen, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind. Die Richtlinie 2019/882 beinhaltet im Anhang einige Anforderungen an die Barrierefreiheit und verweist auf noch zu erlassende Rechtsakte. Die Anforderungen im Anhang dieser Richtlinie entstammen im Wesentlichen den Abschnitten zu funktionalen Leistungsfähigkeit und zu allgemeinen Anforderungen an die Barrierefreiheit gemäß EN 301 549 sowie aus der EN 17210 Barrierefreiheit und Nutzbarkeit der gebauten Umwelt – Funktionale Anforderungen.

Ergänzend kann es für einige Produkte und Dienstleistungen zusätzliche Normen und Standards geben.

Wer ist Ansprechpartner für mich mit Fragen zum BFSG?

In § 15 des BFSG ist die Bundesfachstelle Barrierefreiheit als Ansprechpartner insbesondere für Kleinstunternehmen genannt.

Sofern Sie eine Beratung zu technischen Aspekten der Barrierefreiheit benötigen, können Sie sich in Nordrhein-Westfalen an die Agentur Barrierefrei NRW wenden. Bitte beachten Sie, dass wir keine Rechtsberatung anbieten.

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