Krieger-Denkmäler in Leichter Sprache gut erklärt
Herr Dr. Hoffrogge, Herr Dr. Worm, Sie haben im vergangenen Jahr eine Broschüre in Leichter Sprache über Kriegerdenkmäler in Münster angefertigt. Dabei unterstützte Sie auch die Agentur Barrierefrei NRW. Was war die Motivation der Stadt Münster, Informationsmaterialien in Leichter Sprache speziell über Kriegerdenkmäler anzufertigen?
Schon seit längerem wird in Münster darüber diskutiert, wie man angemessen mit Kriegerdenkmälern umgehen kann. Recht umstritten sind besonders sichtbare Denkmäler an der Promenade, die zumeist nach dem Ersten Weltkrieg aufgestellt wurden. Sie verherrlichen Krieg und Gewalt oder rufen gar zur Revanche auf. Das passt kaum zu unseren heutigen Werten. Der Rat der Stadt Münster beschloss daher, Informationstafeln an fünf dieser Denkmäler aufzustellen sowie an dem Ort, an dem bis 1941 ein Denkmal für den Westfälischen Frieden stand. Im Kulturausschuss gab es dabei den ausdrücklichen Wunsch, das Informationsangebot möglichst inklusiv zu gestalten. Die Fläche um die Informationsstelen ist daher barrierefrei gestaltet. Die Texte gibt es auch auf Englisch – und seit letztem Sommer eben auch in Leichter Sprache.
Für welche Zielgruppen haben Sie diese Informationen erstellt?
Mit dem Angebot in Leichter Sprache richten wir uns an Menschen, die in Münster leben oder zur Schule gehen, und an Menschen, die die Stadt besuchen. Immerhin ist die Promenade eine der Attraktionen unserer Stadt und wird täglich von tausenden Radfahrern und Fußgängern genutzt. Positive Rückmeldungen haben wir aus ganz verschiedenen Teilen der Bevölkerung erhalten. Anscheinend spricht die Reduzierung auf das Wesentliche auch Menschen an, die sonst gar nicht in der Leichten Sprache lesen.
Was waren Ihre Herausforderungen bei der Erstellung dieser Broschüre?
Wenn man sich mit Geschichte beschäftigt, trifft man zum einen eben häufig auf Wörter und Begriffe, die heute kaum noch gebraucht werden oder deren Bedeutung sich stark gewandelt haben. Ein Wort wie Kürassier gehört zum Beispiel kaum noch zum heutigen Sprachgebrauch. Diese Übersetzungsarbeit muss man in der Geschichtswissenschaft häufig leisten, wenn man nicht gerade mit einem Fachpublikum spricht.
Die zweite und vielleicht größere Herausforderung bestand darin, dass Historikerinnen und Historiker immer Argumente abwägen, verschiedene Perspektiven reflektieren. Das wollten wir nicht unter den Tisch fallen lassen.
In beiden Punkten konnten wir uns an unseren bestehenden Informationsangeboten orientieren, also an den Stelentexten und an einer Internetseite, in der wir Denkmalsgeschichten noch ausführlicher erläutern. Beim Formulieren fiel uns schnell auf, dass hier etwas Neues entsteht. Das lag zum einen an der Einbindung der Zeichnungen, zum anderen an der Konzentration auf einige, wenige inhaltliche Hauptpunkte.
Wie sind Sie bei der Erstellung der Broschüre in Leichter Sprache vorgegangen?
Wir waren in der glücklichen Situation, dass wir durch Ausbildung, Hobbys und sehr lange Auseinandersetzung mit dem Thema in der Lage waren, einen ersten eigenen Entwurf selbst zu erstellen. Das umfasste die Texte, die Illustrationen und auch das Layout. Bei der rückseitigen Karte haben uns Kollegen aus dem Vermessungs- und Katasteramt geholfen. In jedem Fall scheint es uns wichtig und hilfreich, Text- und Bildelemente sowie das Layout immer miteinander in Bezug zu setzen.
Uns war es beispielsweise wichtig, pro Denkmal nur eine Doppelseite aufzuwenden, damit man vor einem Denkmal nicht blättern muss und alle Informationen auf einen Blick erfassen kann. Das hatte natürlich Folgen für die Textlänge und den Raum für Illustrationen.
Uns wurde außerdem sehr schnell klar, dass wir uns auf das Wesentliche konzentrieren und Verstehenswege antizipieren müssen. Bei der Vorstellung der einzelnen Denkmale haben wir uns so immer an drei Fragen orientiert:
Woher kommt der Name? Warum wurde das Denkmal errichtet? Was ist das besonders Interessante oder Problematische an diesem Denkmal?
Dieses Grundgerüst und die Problemorientierung haben uns die Arbeit erleichtert. Erst danach sind wir auf die Ebene der einzelnen Sätze eingestiegen und haben überlegt, wie man die Hauptinformationen illustrieren kann.
Den fertigen Entwurf haben wir dann einem Büro vorgelegt, das sich auf Leichte Sprache spezialisiert hat. Die Rückmeldungen der Testleserinnen und Testleser hat uns in unserem Ansatz bestärkt und uns verdeutlicht, wo wir nochmal etwas weglassen oder genauer erklären können. Eine solche Außenperspektive einzuholen, empfehlen wir allen Nachahmern sehr!
Inwiefern hat Sie das Thema Leichte Sprache in Ihrer Arbeit beeinflusst?
Uns ist nochmal stärker deutlich geworden, dass wir in unseren Darstellungen stark von den Adressaten ausgehen müssen – ohne aber unzulässig zu vereinfachen. Zudem hat es uns geholfen, nochmal genauer zu überlegen, warum etwas spannend ist. Und das hat wirklich Spaß gemacht.
Gibt es weitere Dokumente, die Sie in Leichter Sprache anfertigen wollen?
In näherer Zeit werden wir unsere Internetseiten überarbeiten. Hierbei haben wir fest eingeplant, auch Informationen in Leichter Sprache anzubieten.
Alle, die sich nun die fertige Broschüre der Kriegerdenkmäler in Leichter Sprache ansehen möchten, besuchen bitte dieses Dokument: Krieger-Denkmäler in Münster in Leichter Sprache
-- aus unserem Newsletter April 2024 --